von Iris Hauter-Heinke
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16. Januar 2025
In einer sich rasant verändernden Welt wird es immer wichtiger, dass Schulen nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern auch zukunftsorientierte Kompetenzen fördern. Diese sogenannten "Future Skills" sind entscheidend für den persönlichen und beruflichen Erfolg unserer Schülerinnen und Schüler. Erfreulicherweise bieten viele Schulen bereits vielfältige Möglichkeiten, diese Fähigkeiten zu entwickeln und zu stärken. Werteorientierung und Ethik Programme wie " Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage " und Inklusionsinitiativen schaffen ein Umfeld, in dem Respekt, Toleranz und ethisches Handeln leben gelernt werden. Diese Projekte fördern nicht nur ein positives Schulklima, sondern bereiten Schüler auch auf eine diverse Gesellschaft vor, in der jeder seine Stärken zur Zukunftsgestaltung einbringen darf und soll. Selbstwirksamkeit, Reflexion und Resilienz Durch Ämter wie Schülersprecher, Klassensprecher und die Schülermitverwaltung (SMV) lernen Jugendliche, Verantwortung zu übernehmen und ihre Interessen zu vertreten. Gremien und Schülerparlament machen Lust auf Demokratie und stärken das Bewusstsein für Perspektivenvielfalt und Partizipation. Diskussionsrunden und Konfliktlösungsworkshops stärken zusätzlich ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion, den Umgang mit Herausforderungen sowie die eigene Resilienz. Die 6 K's: Kommunikation, Kollaboration, Kritisches Denken, Kreativität, Komplexität, KI Besonders in Projektseminaren, wie sie in der 11. Klasse bayerischer Gymnasien stattfinden, werden obige Schlüsselkompetenzen intensiv gefördert. Das Projekt-Seminar zur beruflichen Orientierung (P-Seminar) bietet Schülerinnen und Schülern die einzigartige Möglichkeit, praxisnahe Erfahrungen im Projektmanagement zu sammeln und wichtige Kompetenzen für ihre Zukunft zu entwickeln. In diesem über ein Schuljahr andauernden Projektseminar planen und organisieren die Schüler eigenständig ein gemeinsames von ihnen definiertes Projekt, in dem sie eng mit externen Partnern aus der Berufswelt zusammenarbeiten, diese z.B. interviewen sowie Abstimmungen über E-Mails, Chats oder Videokonferenzen führen. Dies fördert nicht nur ihre Kommunikation- und Ausdrucksweise , sondern auch ihre Fähigkeit zur Kollaboration und Interaktion in einem realen Arbeitsumfeld. Die Schüler werden von der Lehrkraft angehalten, Ihre Aktionen und Erfahrungen mit der Arbeitswelt kritisch zu hinterfragen und kreative Ansätze zu entwickeln, um Probleme zu lösen. Besonders wertvoll macht das Projekt, wenn es der Schule direkt einen Nutzen bringt und somit die eigene Wirksamkeit erfahren werden kann und sich ein gewisser Stolz breit macht, wenn die Schülerinnen und Schüler später noch auf den eigenen Beitrag zurück schauen können. Die Komplexität der Projekte fordert die Schüler heraus, unterschiedlichste Aspekte und Abhängigkeiten zu berücksichtigen und zu koordinieren. Dabei können sie auch moderne Technologien und KI-Anwendungen nutzen, um ihre Projekte umzusetzen oder zu präsentieren. Die Erstellung von Social-Media-Kampagne n als Teil ihrer Projektarbeit schult zudem ihre digitalen Kompetenzen und ihr Verständnis für moderne Kommunikationsstrategien. Im Team lernen sie nicht nur, ihre individuellen Stärken zu erkennen und einzubringen, sondern entdecken auch oft ungeahnte Fähigkeiten wie Führungsqualitäten oder kreatives Potenzial. Diese Selbsterkenntnis führt häufig zu Aha-Erlebnissen und unterstützt die berufliche Orientierung. Während der intensiven Zusammenarbeit entstehen zwangsläufig auch Meinungsverschiedenheiten, wodurch die Schüler lernen, konstruktiv mit Konflikten umzugehen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten . Gleichzeitig übernimmt jedes Teammitglied Verantwortung für bestimmte Aufgaben und erfährt so die Bedeutung von Zuverlässigkeit und Engagemen t für den Projekterfolg. Darüber hinaus stellt die Koordination verschiedener Aufgaben und Termine oft eine Herausforderung dar, die die Entwicklung effizienter Zeitmanagement-Strategien erfordert. Unerwartete Hindernisse wiederum fördern die Kreativität und Problemlösungsfähigkeit der Schüler, indem sie erleben, wie unterschiedliche Perspektiven zu innovativen Ideen führen können. Besonders deutlich wird in der Teamarbeit auch die Notwendigkeit klarer und effektiver Kommunikation . Hierbei verbessern die Schüler ihre Fähigkeiten sowohl in der mündlichen und schriftlichen Kommunikation als auch in der Nutzung digitaler Kommunikationstools. Schließlich stärken das gemeinsame Erreichen von Zielen und die erfolgreiche Präsentation der Projektergebnisse nicht nur das Selbstvertrauen der Schüler, sondern erzeugen auch ein Gefühl von Stolz und Zusammengehörigkeit . Am Ende des Seminars präsentieren die Schüler ihre Ergebnisse vor Lehrkräften, Familien und Kooperationspartnern, was ihre Präsentationsfähigkeiten und ihr Selbstvertrauen stärkt. Diese praxisnahen Erfahrungen sind unschätzbar wertvoll für zukünftige Herausforderungen im Berufs- und Privatleben. Sie bereiten die Schüler nicht nur auf die Arbeitswelt vor, sondern fördern auch ihre persönliche Entwicklung und Entscheidungsfähigkeit bezüglich ihrer zukünftigen Karriere. Menschenzentrierung, interkulturelle Kompetenz und Empathie Gruppenarbeiten, klassenübergreifende AGs und gemeinsame Projekte sowie Aktivitäten und Zusammenarbeit mit Partnerschulen im Inn- und Ausland fördern nicht nur den Zusammenhalt, sondern auch das Verständnis für unterschiedliche Perspektiven und Kulturen. Mensch-Maschine-Existenz - Kooperation und Kollaboration Die moderne Schule bereitet Schülerinnen und Schüler zunehmend auf eine Zukunft vor, in der die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine alltäglich sein wird. Der Einsatz innovativer Technologien im Unterricht spielt dabei eine Schlüsselrolle. Telepräsenzroboter ermöglichen es beispielsweise schwerkranken Schülern, trotz physischer Abwesenheit am Unterricht teilzunehmen und Teil der Klassengemeinschaft zu bleiben. Diese Technologie fördert nicht nur die Inklusion, sondern vermittelt auch ein Verständnis für die Möglichkeiten der Mensch-Maschine-Interaktion. Digitale Boards und interaktive Whiteboards revolutionieren die Art und Weise, wie Lerninhalte präsentiert und erarbeitet werden. Sie ermöglichen eine nahtlose Integration verschiedener Medien und fördern die aktive Beteiligung der Schüler. Durch die Arbeit mit diesen Technologien entwickeln die Schüler wichtige Medienkompetenzen, die ihnen in der digitalen Arbeitswelt zugutekommen werden. Die Nutzung von Office-Paketen, Messengern und Cloud-Lösungen wie der BayernCloud Schule (ByCS) bereitet die Schüler auf die digitale Zusammenarbeit vor, die in vielen Berufen bereits Realität ist. Sie lernen, Informationen zu teilen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten und effektiv – auch mit Lehrkräften - zu kommunizieren - Fähigkeiten, die in der modernen Arbeitswelt unerlässlich sind. Besonders wichtig ist auch der Umgang mit KI-Tools. Schüler haben die Möglichkeit, diese Technologien auszuprobieren und lernen gleichzeitig, die Ergebnisse kritisch zu beurteilen. Dies fördert nicht nur ihre technischen Fähigkeiten, sondern auch ihr kritisches Denkvermögen - eine Kompetenz, die in einer zunehmend von KI geprägten Welt von großer Bedeutung ist. Die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine wird in Zukunft immer enger werden. Um so wichtiger ist es für Schülerinnen und Schüler frühzeitig zu lernen, mit intelligenten Systemen umzugehen und zu kooperieren. Durch den Einsatz dieser Technologien im Schulalltag lernen die Schüler nicht nur deren Nutzung, sondern auch den verantwortungsvollen und ethischen Umgang damit. Sie entwickeln ein Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen der Mensch-Maschine-Interaktion und sind so bestens auf eine Zukunft vorbereitet, in der diese Zusammenarbeit zum Alltag gehören wird. Vernetzungs- und Teamorientierung Schulische und außerschulische Aktivitäten wie AGs, Praktika in der 9. Klassenstufe des Gymnasiums in Bayern und Klassenfahrten bieten wertvolle Gelegenheiten, Netzwerke aufzubauen und Teamfähigkeit zu entwickeln. Selbstverantwortliches und -organisiertes Lernen Hausaufgaben, die Vorbereitung auf Prüfungen und der Umgang mit digitalen Lernplattformen fördern die Fähigkeit zum selbstständigen und -organisierten Lernen. Diese Selbstmanagement-Kompetenzen sind entscheidend für lebenslanges Lernen und beruflichen Erfolg. Die Umsetzung von Future Skills in der Schule stellt eine große Herausforderung dar, bietet aber auch enorme Chancen für die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler. Wie die Stiftung Polytechnische Gesellschaft betont, reichen traditionelle Schulstrukturen nicht mehr aus, um den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht zu werden. Es bedarf innovativer Ansätze, um Schulen für die Anforderungen der Gegenwart und Zukunft fit zu machen. Eine zentrale Herausforderung liegt in der Integration von Future Skills in den bestehenden Lehrplan. Lehrkräfte müssen dafür nicht nur ermutigt, sondern auch gezielt geschult werden. Programme wie " Future Skills für Schulen " bieten hier wertvolle Unterstützung, indem sie Schulleitungen und Lehrkräfte bei der Umsetzung zukunftsorientierter Schulentwicklungsvorhaben begleiten. Die Digitalisierung spielt dabei eine Schlüsselrolle. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, um Schülerinnen und Schüler adäquat und chancengleich auf eine digitalisierte Arbeitswelt vorzubereiten. Eltern kommt bei der Förderung von Future Skills eine wichtige Rolle zu. Sie können als "Informationsvermittler", "Navigator" und "Trainer" fungieren, indem sie ihr Kind zur Diskussion und Reflexion aktueller Themen anregen und als Vorbild vorangehen. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule ist dabei von entscheidender Bedeutung. Innovative Formate wie die " Future Skills Days " zeigen, wie Problemlösekompetenz, Kreativität und Teamfähigkeit praktisch gefördert werden können. Solche Projekte sollten verstärkt in den Schulalltag integriert werden, um eine Lernkultur zu schaffen, die über die reine Prüfungsvorbereitung hinausgeht. Letztendlich geht es darum, eine Bildungslandschaft zu gestalten, die Schülerinnen und Schüler befähigt, die Gestalter ihrer eigenen Zukunft zu werden. Dies erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen - von der Bildungspolitik über die Schulleitung bis hin zu den einzelnen Lehrkräften und Eltern. Nur gemeinsam können wir sicherstellen, dass unsere Jugend bestmöglich auf die Herausforderungen und Chancen der Zukunft vorbereitet ist. ... und dann gehts weiter mit " Lernen neu gedacht: Entwicklungspfad von Future Skills in Studium und Arbeitswelt " . Bitte lesen Sie auch das Impulspapier des Stifterverbandes „𝗙𝘂𝘁𝘂𝗿𝗲 𝗦𝗸𝗶𝗹𝗹𝘀: 𝗪𝗮𝗿𝘂𝗺? 𝗪𝗮𝘀? 𝗪𝗶𝗲? Mitgewirkt haben Expertinnen aus Schule, Hochschule und Arbeitswelt im Rahmen der Future Skills Journey-Arbeitsgruppen: Dr. Vera Anne Gehrs , Wibke Matthes , Pia Annas , Jessika Bertram , Astrid Bültemeier , Ramona Buske, Alina Geßler , Iris H auter-Heinke , Thu Van Le Thi , Stefanie Mensching, Christiane Schätzle , Anna Katharina Starkmann , Sabrina Zeaiter Bleiben Sie neugierig und denken Sie weiter ... Ich freue mich auf Ihren Diskussionbeitrag.